Article Number: 332
Hard Cover, German, Staple Binding, 100 Pages, 2006, b_books
Jacques Rancière

Die Aufteilung des Sinnlichen

Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien

availability unknown, if interested please write an email

"Ich schlage kein Programm für die Zukunft vor, sondern Werkzeuge und Maßnahmen, mit denen wir die gegenwärtigen Verhältnisse besser einschätzen und den Bereich des Möglichen ermessen können."

"Ich schlage kein Programm für die Zukunft vor, sondern Werkzeuge und Maßnahmen, mit denen wir die gegenwärtigen Verhältnisse besser einschätzen und den Bereich des Möglichen ermessen können."

Die Zukunft sollte uns eher als das Resultat von Möglichkeiten, die in der Gegenwart geschaffen werden, und von Fähigkeiten, die es heute zu verbessern gilt, erscheinen, denn als Zielsetzung von der abhängt, was in der Gegenwart zu tun ist. Jacques Rancière

Für die documenta 12 in diesem Jahr, für die Wahl ihrer 3 Leitbegriffe: MODERNITY, LIFE und EDUCATION, wurde das Denken des französische Philosophen Jacques Rancière wichtig.

Scheinen doch insbesondere seine Texte "Die Aufteilung des Sinnlichen" und "Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien" (2000 in Frankreich, 2006 in Deutschland veröffentlicht) für die Konzeption der Ausstellung bedeutsam geworden zu sein.

Das DOCUMENTA MAGAZIN N˚3 EDUCATION, in dem "Bildung/Selbstbildung mit und über ästhetische Erfahrung" das Thema ist, und "Was tun"? die entscheidende Frage, ist einleitend - quasi richtungsweisend - das Gespräch "Entsorgung der Demokratie" zwischen Jacques Rancière und Christian Höller (Redakteur der Zeitschrift springerin – Hefte für gegenwartskunst) veröffentlicht.

D.S.-B.

In Die Aufteilung des Sinnlichen bestimmt Jacques Rancière die Ästhetik der Politik als eineFrage der Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit des Einzelnen im Gemeinsamen und versteht sie als Antwort auf die Frage „Wer kann reden? Wer wird gehört? Wer wird gesehen?“. Es geht mithin um etwas, das Rancière als die grundlegenden, sozial vermittelten Formen der sinnlichen Erfahrung bezeichnet: Wer oder was ist in der sinnlichen Erfahrung gegeben, oder: Wer oder was hat Anteil am Sinnlichen, das erfahrbar ist? Diese Frage impliziert zugleich die Frage nach der Aufteilung dieses Sinnlichen als System sinnlicher Evidenzen, d.h. als ein System von Selbstverständlichkeiten der Wahrnehmung, die zugleich die Existenz eines Gemeinsamen und die exklusiven Teile, Orte und Anteile, die Unter- oder Aufteilungen dieses Gemeinsamen bestimmt. Die wesentliche Frage dieser „ursprünglichen Ästhetik“ in den Worten Rancières ist mithin folgende: Wie öffnet sich das (sinnliche) Gemeinsame der Teilhabe der Einzelnen, d.h. wie werden die Einzelnen innerhalb des Systems der sinnlichen Evidenzen wahrgenommen, werden sie gesehen, gehört, gefühlt und wenn ja, wie und auf welche Weise? Vor diesem Hintergrund lässt sich dann, so Rancière, die Frage nach den „ästhetischen Praktiken“ stellen, d.h. nach denFormen der Sichtbarkeit ästhetischer Praktiken. Diese Praktiken sind Tätigkeiten, die einen Ort in der Aufteilung des Gemeinsamen einnehmen, oder besser, es sind Tätigkeitsformen, die in die allgemeine Aufteilung der Tätigkeiten und in deren Beziehungen mit den Seinsweisen und Formen der Sichtbarkeit eingreifen.&n bsp;Diese Praktiken unterbrechen die ‚normale ong> ;Aufteilung’ zwischen tun, sein und wahrgenommen (gesehen, gehört) werden. Sie tun also genau das, was Rancière in Das Unvernehmen als das Politische bezeichnet hat: Sie unterbrechen eine anerkannte Aufteilung des Sinnlichen, zeigen ihre Kontingenz auf und ermöglichen die Aktualisierung des fundamentalen Gleichheitsprinzipsder sprechenden Menschen untereinander und die darauf folgende Neuaufteilung des Sinnlichen. Insofern bezeichnet Rancière die Demokratie als das ästhetische Regime der Politik schlechthin, da es sich durch die Unbestimmtheit der Identitäten, den Legitimationsentzug der Sprecherposition und die Deregulierung von Raum undZeit bestimmt (d.h. die Deregulierung von Raum und Zeit des Politischen, wann und wo geschieht Politik, wann und wo geschieht sie nicht?).

Diese Thesen sollen anhand verschiedener Beispiele klassischer und zeitgenössischer künstlerischer Praktiken untersucht werden.