Die Lust am Unseriösen
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Die Lust am Unseriösen gehört zu den intellektuellen Grundhaltungen des 20. Jahrhunderts. Vorbereitet durch Pop Art, Minimal, Nouvelle Vague und Situationismus, erfasst sie die Kulturwissenschaften: Foucault wendet sich gegen den Seriositätsfetisch der Wissenschaften, Lacan und Derrida gegen die Verwissenschaftlichung von Psychoanalyse und Sprache.
Zwar bestimmt eine solche Lust bereits den Gründungsakt der modernen Literatur, etwa bei Baudelaire, doch seit der Mitte des 20. Jahrhundert ändert sich die Politik des ästhetischen Regimes im Wechselspiel von »high and low«: Nutzt Duchamp mit der Kloschüssel noch einen trivialen Alltagsgegenstand, konvertiert die Pop Art mit dem Comic einen ästhetisch vorcodierten Gegenstand der populären Kultur, der seinerseits aus der legitimen Kunst abgewandert ist.
Die Entgrenzung der Kunst läuft nicht nur von legitimer zu »illegitimer« Kultur, sondern ebenso in umgekehrte Richtung. Zugleich nehmen mit dieser doppelseitigen Unschärfe die Verkennungen auf beiden Polen zu. Wo in der legitimen Kunst seither der Tod des Autors ausgerufen wird und das Sampling von DJs als Referenz benannt wird, erklären sich die DJs ihrerseits zu Autoren. Brechts Proklamation der technifizierten Autorschaft taucht gerade dort auf, wo er sie gewiss nicht erwartet hätte: bei den virtuosen Ingenieuren des Sounds und im Underground des Comic.
Thomas Beckers langer – so materialreicher wie theoretisch präziser – Essay zeigt: Zunehmende Unschärfe und Verkennungen zwischen legitimer und »illegitimer« Kunst werden zu Bedingungen intermedialer Differenzierung beider Kulturen.