Hard Cover, German, Staple Binding, 167 Pages, 1900
SOUL LOVE
availability unknown, if interested please write an email
SOUL LOVE ist noch ein Versuch über die Liebe. Eine Art Partitur dialogischen Sprechens. Eine Phänomenologie der Liebe in Form von Liebes-Sätzen oder Liebes-Titeln.
(STILL) MAKIN´ IT
45 rpm (revolutions per minute)
Der Anlass, das Material hierfür sind Soul-Singles, die mir vor Jahren en gros überlassen wurden. Die Titel der Songs dienten als sprachliche Anhaltungen, als vom Klanglichen befreite Textkörper, teils affektive, teils metaphorische, stets aber nicht-interpretierte Aussagen. In drei Kapiteln (1-3) wird so eine Dramaturgie des Begehrens nachgezeichnet, die der Dialektik unserer Natur gemäss verläuft: wollen, haben, verlieren.
Turntable
Das mechanische Absenken des Tonarms, das Aufsetzen auf den drehenden Plattenteller. Das analoge, atmosphärisch-technische Rauschen, wenn die Diamantnadel mit dem Vinyl Kontakt nimmt. Das sich knisternde Einschreiben der Nadelspitze, ihr monoton-rotierender Verlauf in den gerillten Vertiefungen des Tonträgers. Der Moment, in dem sich Tonabnehmer und Aufnahme erstmals berühren, wie zueinander versenken, sich wie im Liebesspiel ineinander vergraben, gegeneinander – miteinander. Ins weisse Rauschen.
Stereo
A und B. Die beiden Seiten einer Disk. Auch die beiden Songs einer Single. Zwei Sätze aus dem Liebes-Alfabet. Elemente einer Sprache der Liebe. Die musikalische Ordnung dieses Textes (SOUL LOVE) ist im Dialogischen aufgehoben, in seiner semantischen Bewegung verborgen, hinter seinen Farbtönen versteckt. Das Zwischenspiel dieses Liebes-Theaters wird auf den Doppelseiten des Buches aufgeführt. Im Umblättern, in der Abfolge, ihrem Vergleich. Durch Ergänzung und Auslöschung. Die Sprache wird hier zur Leerstelle. Die abwesende Musik über den wechselnden Farbgebrauch assoziiert. Rhythmus und Melodie erblühen als eine Art Oberton aus dem Liebes-Satz. Durch unsere Imagination.
Studio
Der Tonarm des Plattenspielers, wie man sagt, nimmt den Ton ab – eigentlich doch eher auf. Die Aufzeichnung, das Geräusch hebt an. Aufgehoben an anderer Stelle, zu anderer Zeit verwahrt. Der Arm, seine feingliedrige Kralle, gibt den Ton frei, formt ihn, übersetzt diesen in den gegenwärtigen Raum, aus dem Tonstudio, jenem ersten imaginären Tonraum, in einen späteren, vorläufigen und endgültigen, realen Klangraum. Seine Wiedergeburt erlebt dieser Tonraum im Farbtonraum, dem Wechsel von Klangwerten in Farbwerte. In der spielerischen Verschiebung und Verdichtung seiner Signifikanten.
Songline
Gerade die Zufälligkeit und Arbitrarität des Gegenstands (einige Dutzend Soul-Singles), die nicht hinterfragbare Qualität des Ausgangsmaterials (keine soziologische Absicht), scheinen dem Liebes-Diskurs, diesem Phantasma der Totalität, angemessen. Die Umrisse der politisch-kulturellen Landkarte des Soul werden in Kapitel 4 mit freier Hand gezogen. Der Sprache der Liebe selbst widerspricht eine solche Kartografie zwar. Denn sie ist synchron und ahistorisch. So verstehen sich die sprachlichen Pathosformeln von SOUL LOVE als eine Art Echolot, das den unauslotbaren Raum des Herzens vermisst. Selbst bildmächtig, doch ohne Abbild. Nicht spurlos, doch ohne Kontur. Ohne Laut, doch hörbar. Kein Sprechen, nur mehr Verstehen.
(Christian Helbock, 2007)