Article Number: 1213
Soft Cover, German, Glue Binding, 100 Pages, 2008, argobooks
Doris Berger, Bernd Milla

Wahlverwandtschaften

availability unknown, if interested please write an email

Was Künstlerinnenmythen allerdings mit dem gewählten Titel zu tun haben, können auch die Herausgeberinnen in ihrer Einleitung nicht überzeugend darlegen. Dass Künstlerinnen und Künstler über die Aneignung von Mythen eine Affinität zu bekannteren Künstlerinnen und Künstlern herstellen oder postulieren, wird mit dem von Goethe auf menschliche Verhältnisse übertragenen, aus der Chemie stammenden Begriff der "Wahlverwandtschaften" weniger geklärt denn erneut mythisiert.

Mit der Feststellung, es gebe keine Kunst, sondern nur Künstler, leitete Ernst H. Gombrich 1950 seine Geschichte der Kunst ein. Gombrich wandte sich gegen die Vorstellung "einer" Kunst, die historische und kulturelle Unterschiede nivelliert. Heute jedoch klingt etwas anderes durch: Dass es nämlich nicht nur Künstler, sondern auch Künstlerinnen gibt, übersah Gombrich geflissentlich. So kommt beispielsweise Paula Modersohn Becker in seiner Kunstgeschichte nicht vor. Hätte er sie 2007 geschrieben, wäre ihr Name ihm wohl kaum entgangen. Der Todestag der Künstlerin jährte sich zum 100. Mal, zahlreiche Ausstellungen fanden statt und in den Medien wurde umfassend darüber berichtet. In Worpswede, der ehemaligen Künstlerkolonie, die untrennbar mit ihrem Namen verbunden ist, gab es mehrere Sonderveranstaltungen, unter anderem ein Symposium, das dem vorliegenden Band zugrunde liegt.

Was Künstlerinnenmythen allerdings mit dem gewählten Titel zu tun haben, können auch die Herausgeberinnen in ihrer Einleitung nicht überzeugend darlegen. Dass Künstlerinnen und Künstler über die Aneignung von Mythen eine Affinität zu bekannteren Künstlerinnen und Künstlern herstellen oder postulieren, wird mit dem von Goethe auf menschliche Verhältnisse übertragenen, aus der Chemie stammenden Begriff der "Wahlverwandtschaften" weniger geklärt denn erneut mythisiert.

Sprache: Deutsch